Freitag, 20. Mai 2011 – Von Chabeuil nach Crest (27 km)
Schon um 7 Uhr 45 verabschieden wir uns von unserem Hotel "Relais du Soleil". Südlich ab dem Département Drôme führen viele Hotels, Restaurants oder auch einfache Geschäfte den Beinamen "du Soleil" - man spürt es tatsächlich, hier beginnt der sonnige Süden Frankreichs.
Da unser Hotel nördlich von Chabeuil liegt, streifen wir die Stadt auf unserem Weg. Wir nutzen die Gelegenheit und versorgen uns mit Ess– und Trinkbarem, denn ebenso wie bei Etappe 5 haben wir heute unsere längste Tageswanderung.
Es ist schon morgens sehr warm, der Himmel ist zunächst noch diesig, aber bald ist er fast wieder wolkenlos. Heute gibt es teilweise sehr steile Waldwege, die wir hoch und runter laufen bis zu einer Höhe von 620 m (von 215 m bei Chabeuil). So hoch bin ich bisher bei all meinen sieben Touren nicht gekommen. Am heutigen Etappenziel landen wir wieder bei 187 m Höhe. Das sind also die Berge, die wir schon vor Tagen immer wieder von Weitem gesehen haben. Und tatsächlich müssen wir heute hinüber, zumindest „un petit peu“ am Rande.
Wir laufen zunächst mehr oder weniger auf und ab durch Wald und Feld. Nach gut einer Stunde sind wir in Montvendre. Der Name kommt aus dem Lateinischen: "Castrum Monte Veneris", eine Niederlassung der Römer aus dem 4. Jahrhundert. Der Ort liegt nicht viel höher als Chabeuil. Die Kirche ist neueren Datums: 1848 im neoromanischen Stil erbaut. Am ehemaligen Waschhaus (diese gut restaurierten Zeugnisse vergangenen Dorflebens haben wir bisher auf unserem Weg in Frankreich fast in jedem kleinen Touristenort entdeckt) gönnen wir uns ein zweites Frühstück.
Gegen 11:30 h kommen wir an der Ortschaft La Baume-Cornillane vorbei. Östlich des Ortes gibt es am bewaldeten Berghang Ruinen einer ehemaligen Festung mit quadratischem Donjon (Bergfried). Der Name der Ortschaft verrät es schon: Auch hier gibt es Grotten - mit der alten hiesigen Bezeichnung „les Baumes“, während die Grotten andernorts „les Balmes“ genannt werden.
Um 12:46 h beginnt der felsige Aufstieg bis zu 620 m Höhe. An dieser Stelle streifen wir haarscharf den Parc naturel regional du Vercors. Da wo der Wald es zulässt, genießen wir die herrlichen Weitsichten. Von weitem sehen wir den Gebirgszug Forêt de Saou mit seinen bizarren Felsformationen bis zu Höhen von fast 1600 m. Wir schleichen uns seitwärts vorbei. Wir laufen fast nur noch durch Wald. Ab und zu gibt es eine Lücke und vor uns erscheint immer wieder ein merkwürdiger Fels: La Roche Colombe (886 m) im Forêt de Saou.
Die Zeit vergeht - nach 15 Uhr gehen wir nur noch abwärts und wir sind schon fast an unserem Tagesziel. Richtung Süd-West taucht unten ein mächtig hoher quadratischer (Beton-?)Klotz auf. Ein Hochhaus? Nein, als wir gegen 16 Uhr unser heutiges Ziel erreichen, sehen wir es deutlicher: Ein majestätisch nördlich von Crest aus dem Berghang ragender Donjon, mit 52 m Höhe der höchste mittelalterliche Bergfried in Frankreich und einer der Wachtürme am Rand der französischen Voralpen. Im Glaubenskrieg des 16. und 17. Jahrhunderts diente er zeitweise als Gefängnis für die Hugenotten.
Crest mit seinen fast 8.000 Einwohnern ist in dieser Region eine kleine Touristenhochburg und eignet sich gut als Ausgangspunkt für Wanderungen in den Naturpark Vercors. Hier sehen wir jetzt endlich auch die Drôme, wo wir uns doch schon seit Tagen im gleichnamigen Département befinden. Abends stehen wir auf der Brücke und bestaunen im Osten beim Sonnenuntergang das "Alpenglühen“.
In unserem 2-Sterne-Grand-Hotel erwartet uns ein fast schon feudales Treppenhaus mit Marmorsäulen. Aber das ist oft so in Frankreich: Die Sterne werden nach der Ausstattung der Zimmer vergeben. Alles andere kann durchaus eine höhere Qualität haben. |
Tour 7 - Etappe 9 |
Zu den Notizen der Etappen: |