Dienstag, 17. Mai 2011 – Von Hauterives nach St-Donat-sur-l‘Herbasse (19 km)
Nachdem wir uns gestern vorwiegend in östlich-südöstlicher Richtung weg von Rhône bewegt haben, bleiben wir heute in etwa auf der gleichen „geografischen Länge“ (früher hieß das mal Längengrad), oder ganz einfach gesprochen: Wir laufen fast immer geradeaus Richtung Süden, nur die „geografische Breite“ (Breitengrad) ändert sich.
Soweit die abstrakte (möchtegerne-)wissenschaftliche Einleitung.
Unser Chambre d‘Hôtes in Hauterives ist sehr großzügig geschnitten, es ist ein Appartement mit zwei Zimmern und ein Bad. Gestern bei unserer Ankunft empfing uns am Parkeingang der Junior-Chef des Anwesens: Ein etwa 12jähriger Junge, der Sohn des Hauses. Offenbar gut eingearbeitet geleitete er uns gekonnt in unser „Chambre“, zeigte uns die Räumlichkeiten und erklärte anschließend, dass die Madame Mutter noch nicht da sei und uns später begrüßen würde. Freundlich verabschiedete er sich mit einem „Bonne installation“, was soviel heißt wie „Wünsche ein gutes Einrichten“.
Abends wurde uns für einen kleinen Aufpreis noch ein komplettes Menü in unser Zimmer serviert. Das war auch gut so, denn gestern war Montag - und da haben in kleinen Orten wie Hauterives die Restaurants meist abends geschlossen.
Heute morgen gibt es ein sehr reichhaltiges Frühstück, das wir nicht auf unserer Terrasse einnehmen - obwohl die Sonne schon wieder lacht, es ist halt doch noch allzu frisch. Vor der Verabschiedung von den freundlichen Gastgebern tragen wir uns in das Gästebuch ein (wir entdecken dabei so manche deutsche Urlauber - oder Pilger?). Anschließend geht es noch einmal in den Ort. Heute ist Markttag und wir versorgen uns mit ess– und trinkbarem für unterwegs.
Um 09:45 h ist es endlich soweit: Wir verlassen den Ort und gehen bei wolkenlosem Himmel und nur wenig Wind zunächst über den Friedhof, wo wir das selbstgebaute Grabmonument des Briefträgers Cheval bewundern. Dann überqueren wir das Flüsschen Galaure und es gibt tendenziell einen langen Anstieg, von 300 m in Hauterives bis 464 m bei Mont Froid. Doch bis wir dort ankommen, dauert es noch. Und zwischendurch geht es auch schon mal wieder etwas abwärts.
Gegen 10:35 h laufen wir vorbei an der auf einem Hügel gelegene Ortschaft Tersanne. Wieder gibt es zwischendurch Kirschen zu begutachten. Auch sehen wir einen Regenbogen - bei wolkenlosem Himmel verursacht durch die sich in der Sonne reflektierenden Wasserstrahlen der Sprenganlagen, die man hier auf fast allen Getreidefeldern sieht.
Dann erreichen wir gegen 12 Uhr 30 beim Mont Froid mit 464 m die höchste Stelle unserer heutigen Etappe. Wir laufen nun knapp zwei km über einen leicht abschüssigen Nord-Süd-Bergrücken. Vorbei an Wiesen und kleinen Wäldern sowie einzelnen Gehöften mit Sicht nach West und Ost. Im Westen sehen wir in der Weite das Rhônetal mit den Ausläufern des Zentralmassivs und in der Nähe la Tour de Ratières. Richtung Osten breiten sich die französischen Voralpen mit dem Gebirgszug Vercors aus - südwestlich von Grenoble erreicht er Höhen von bis zu 1700 m. Und unten im Tal sehen wir die Ortschaft Bathernay.
Ich spüre es, geradeaus - dort unten im Süden - wartet die von mir heiß ersehnte Provence, vielleicht sieht man ja bald den Mont Ventoux. Doch der ist von hier noch 120 Kilometer Luftlinie entfernt. Auch wenn er fast 2000 m hoch ist, werden wir ihn wohl frühestens am Ende unserer diesjährigen Tour sehen können.
Gegen 15:30 h treffen wir in Saint-Donat-sur-l‘Herbasse ein. Wie schon gestern müssen wir auf unsere Unterkunft im reservierten Chambre d‘Hôtes bis 17 Uhr warten. In einer schattigen Bar unterhalb des alten Ortskerns löschen wir unseren Durst mit einem frisch gezapften Panaché.
Dann machen wir uns langsam auf den Weg - verbunden mit einer kurzen Stadtbesichtigung. Vom höher gelegenen Kirchplatz mit ehemaligem Collégiale et Palais Delphinal (schöner Kreuzgang) hat man eine herrliche Rundum-Sicht auf den Ort und die umliegenden Berge.
Wir erreichen schließlich unsere Unterkunft, die einsam auf einem Bergrücken oberhalb des Ortes liegt. Der Aufpasser für das Anwesen ist kein Hund, wie sonst hier überall üblich, sondern ein graubrauner Kater mit Wolfsblick - aber lieb und schmusig.
Unser Chambre ist eine Überraschung: Wir bekommen für die Übernachtung ein kleines chaletartiges Holzhäuschen, welches sich vom „Haupthaus“ getrennt im Garten direkt neben einem Swimmingpool befindet. Von hier oben aus lassen wir den Tag ausklingen mit einem fantastischen Ausblick ins Tal und in die westlichen Calcaire (Alpenvorgebirge mit dem abends im Sonnenlicht strahlenden Kalksandstein).
Das reichhaltige Abendessen wird uns auf der Terrasse des Haupthauses serviert. Anschließend können wir bei einem kleinen „Verdauungsspaziergang“ unweit unserer Unterkunft quasi als Zugabe bzw. Betthupferl noch einen schönen Abendhimmel genießen, bevor im Garten und am Pool die Lichter ausgehen. |
Tour 7 - Etappe 6 |
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