Sonntag, 15. Mai 2011 – Von Vienne nach Roussillon (25 km)
Mein morgendlicher Blick aus unserem Hotelfenster mit Blick zur Rhône hebt die Stimmung - da lacht nicht nur die Sonne. Wenn der Tag hält, was der Morgen verspricht …
Um 8 Uhr 45 ist Abmarsch. Da unser Hotel im Norden des alten Vienne liegt, müssen wir auf unserem Weg Richtung Süden ein Stück lang durch die Altstadt. Bei Sonnenschein sieht schon alles anders (sprich: ansprechender) aus als gestern Nachmittag bei Regen.
Zunächst überqueren wir das Flüsschen la Gère, direkt neben unserem Hotel. Oben sehen wir den Mont Salomon mit dem Château de La Bâtie. Es gibt wirklich einiges zu sehen in Vienne, von der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit. Schade, dass wir das Meiste nur im „Schnelldurchgang“ bestaunen können. Weiter geht es vorbei an der Abteikirche von Saint-André-le-Bas und am Römischen Theater aus dem ersten Jahrhundert. Oberhalb des Theaters liegt der Mont Pipet mit der Chapelle Notre-Dame.
Nach gut einer viertel Stunde verlassen wir südlich des Theaters die Stadt. Es folgt ein kurzer steiler Anstieg und nach knapp 2 km erreichen wir eine Höhe von 361 m (Vienne = 157 m). Zwischendurch gibt es immer wieder schöne „Rücksichten“ auf Vienne mit Schloss und Kapelle und auf die Rhône mit dem gegenüberliegenden Saint-Romain-en-Gal. Was mir bei einem Blick von oben immer wieder gefällt - besonders bei Sonnenschein - sind die einheitlich mit roten Ziegeln gedeckten Häuser und ihre weißen Fassaden (rote Ziegel, weiße Fassaden, blauer Himmel = TRICOLORE).
Oben auf dem Höhenweg begleiten uns jetzt wieder die Zeichen für den Jakobsweg in ihrer eigenwilligen französischen Version. Zuletzt hatten wir sie während unserer Tour im vorigen Jahr entdeckt. Damals markierten sie den Weg von der Westschweiz über Mâcon nach Puy-en-Velay. Hier weisen sie den Weg von Nord nach Süd, der von Lyon aus entlang der Rhône bis Arles verläuft und dann Richtung Westen abbiegt. Diesen Weg nutzen wir aber nur teilweise.
Jetzt richten wir den Blick nach vorne, d.h. nach Süden (inkl. Seitenblick nach Ost und West). An der höchsten Stelle des Höhenweges gibt es bei 386 m einiges zu sehen. Rechts, im Westen, das Rhônetal mit den Bergen des Pilat-Naturparks und den Ausläufern des Zentralmassivs. Und links, im Osten, das „Vorgebirge“ der französischen Alpen.
Heute entdecken wir vieler Orts Bäume mit Esskastanien - dafür weniger mit Kirschen. Also gibt es nichts zu naschen und die Finger bleiben unten. Wir kommen an la Balme vorbei, ein Gehöft mit einigen Häusern drum herum. Das Wort „Balme“ - keltischen Ursprungs - finden wir hier in der Region öfter, es bedeutet so viel wie „Grotte“. Tatsächlich werden wir im Alpenvorgebirge noch so manche „Balme“ sehen.
Am Himmel tauchen in der Ferne mächtige Wolkentürme auf, die nichts Gutes ahnen lassen. Aber noch gibt es dazwischen immer wieder Hoffnung, d. h. blauen Himmel. Vom Höhenweg geht es langsam abwärts. Wir treffen gegen 11 Uhr in der Ortschaft Les Côtes-d'Arey (277 m) ein. Trotz starkem Wind ist es warm und wir lassen uns auf dem zentralen Platz in der Sonne vor einer Bar nieder: Ein Kaffee bzw. ein Panaché, dazu etwas Gebäck aus der Boulangerie, das muss reichen.
Nur zwanzig Minuten entfernt auf einer Anhöhe gelegen gibt es eine alte Kappelle, die Chapelle de St-Mamert. Von hier aus haben wir einen wunderschönen Weitblick auf die westlich der Rhône liegenden Höhen des Naturparks Pilat. Auch die im Osten liegenden "Voralpen" rücken immer näher.
Vernioz lassen wir links liegen. Geradeaus weiter in Richtung Süden erreichen wir nach etwa 2 km kurz nach 13 Uhr den Ort Assieu, wo sich unser Nord-Süd-Jakobsweg mit dem Ost-West- Jakobsweg von Genf nach Puy-en-Velay trifft. Vor der Mairie gibt es einen Rastplatz für müde Pilger - wir nutzen die Gelegenheit zur Mittagspause. Dabei entdecken wir nicht nur Mauern, sondern auch immer mehr Hausfassaden - so auch an der Kirche von Assieu -, die in dieser Gegend mit großen Kieselsteinen, den Cailloux, gebaut bzw. verkleidet sind.
Weiter geht's durch einsame flache Fluren ohne viel Baumbestand. Der Himmel zieht sich merklich zu, doch wir haben Glück. Bis auf ein paar Tropfen Regen sind wir trockenen Fußes am Ziel des Tages: Im Hotel „Médicis“ in treffen wir gegen 15 Uhr ein. Leider ist die adelige Catherine nicht zu Hause und die Rezeption öffnet erst um 17 Uhr - so machen wir uns auf den Weg zu einer kleinen "Stadt"-Besichtigung.
Der Wind hat wieder klar Schiff gemacht - die Gewitterwolken sind verschwunden. Die Sonne lacht, als wenn nichts gewesen wäre. Wir klettern hoch zur Kirche. Dahinter liegt der nach Westen abschüssige Friedhof mit Talblick. Außerdem sehen wir Reste der Stadtbefestigung und das, was vom ehemaligen Schloss noch übrig ist.
Leider ist das nicht allzu große Roussillon durch die Autoroute A7 (Route du Soleil) in zwei Teile zerrissen. Östlich die alte etwas verschlafen wirkende Stadt (vielleicht weil es Sonntag ist) und westlich die Vorstadt Le Péage-de-Roussillon (wo wohl im Mittelalter der Wegezoll kassiert wurde) mit der angrenzenden Rhône.
Unser Hotel liegt im östlichen, schöneren Teil von Roussillon. Abends zieht der Himmel sich zu und es regnet leicht. Uns zieht es nun in die westliche Hälfte der Stadt, die etwas belebter ist. Aber auch dort suchen wir fast verzweifelt nach einem geöffneten Restaurant. Schließlich werden wir hier doch noch fündig. |
Tour 7 - Etappe 4 |
Zu den Notizen der Etappen: |