Sonntag, 11. Mai 2008 – Von Toul nach Allain (25 km)
Fast genau 11 Monate nach dem Ende unserer letzten Jakobs-Tour von Trier nach Toul sind wir gestern wieder in dieser historischen Stadt angekommen. Zu Fuß dieses Mal natürlich nur vom Gare bis zum Hotel. Obwohl erst Anfang Mai, wurden wir mit prächtig sommerlichem Wetter empfangen, genau wie letztes Jahr im Juni. Und auch sonst scheint sich in diesem knappen Jahr auf dem ersten Blick in der Stadt nicht viel verändert zu haben. Wir sind im gleichen Hotel am zentralen Platz untergekommen und haben anschließend einen Erkundungs-Spaziergang gemacht. Ich wollte für heute einen Weg aus der Stadt finden, abseits der eintönigen Hauptausfallstraße Richtung Westen. Zu Hause hatte ich auf der topografischen Karte einen Weg aus Toul entdeckt, der über Feldwege führt. Doch die Erkundungen vor Ort führten nicht weiter. Der Feldweg war eingepflügt und nicht begehbar. Also haben wir uns zumindest für die ersten Kilometer kleine Seitenstraßen ausgeguckt, die dann aber doch auf die Hauptstraße führen.
Am Sonntagmorgen nach dem Frühstück – so kurz vor 9 Uhr – marschieren wir los. Übrigens heißt wandern im französischen Umgangssprachgebrauch „marcher“, also marschieren. Die Franzosen sehen das aber keinesfalls militärisch, sondern es bedeutet einfach gehen oder laufen. Denn „marcher“ wird auch benutzt, wenn z.B. die Uhr stehen geblieben ist oder die Kaffeemaschine nicht mehr funktioniert: „Elle ne marche pas“ (sie geht/läuft nicht mehr).
Nach einigen Kilometern Landstraße, die aber so früh am Sonntag nicht viel befahren ist, erreichen wir zunächst den Vorort von Domgermain, welcher fast nur aus Neubauten besteht. Dann geht es nach einem kleinen Anstieg über eine kurvenreiche Nebenstraße mit viel Wiesen und Wald. So kommen wir zur ruhig und schön gelegenen Chapelle Saint-Maurice, die – wie die meisten Kirchen und Kapellen in Frankreich leider geschlossen ist. Nur durch das Türgitterfenster erhaschen wir einen Blick in das Innere. Wir nutzen dieses „stille Örtchen“ für eine kleine Trinkpause. Und für eine „Bellevue“ nach Osten ins Tal und können so schön überblicken, wo wir heute hergekommen sind. Nach einigen hundert Metern erreichen wir das historische Domgermain, lieblich am Hang gelegen. Ein typisches Village mit vielleicht einigen hundert Einwohnern. Geschäfte oder Bar/Restaurants gibt es – wie in fast allen französischen Dörfern – so gut wie nicht mehr. Auch sieht man kaum Menschen zu Fuß gehen oder mit dem Rad fahren. Entweder haben sie alle ein Auto oder ein sonstiges motorisiertes Gefährt. Oder man sieht sie vor ihrem Häuschen stehen und schwatzen oder den Garten pflegen. Doch heute, am Sonntag, ist es ruhig.
Weiter geht’s durch aktive oder inaktive Weinberge (wobei es eher sanfte Hänge als Berge sind) bzw. mehr oder weniger genutzte Wiesen- und Weideflächen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass die Wege im „Nirwana“, d.h. an der Gemeindegrenze enden, obwohl in der topographischen Karte der Weg sich fortsetzt. So müssen wir manchmal ein Stück zurück und über kleine verkehrsarme Landstraßen laufen. Unterwegs sehen wir viele Esel (vierbeinige wohlgemerkt), die hier offenbar als Haustiere gehalten werden. Werden sie vielleicht an Jakobspilger vermietet, die dann etwas bequemer bis Santiago laufen können?
In Mont-le-Vignoble machen wir die Mittagspause vor der Kirche. Anschließend kommen wir über Blénod-lès-Toul und den Weinort Bulligny nach Bagneux. Kurz vor diesem Ort sehen wir erstmals in Frankreich überhaupt eine Jakobsmuschel, die auf einem privaten Grundstück angebracht ist und als Wegweiser dienen soll. Bald stoßen wir wieder auf die ehemalige Römerstraße von Trier nach Lyon, die hier noch als nicht asphaltierter Feldweg existiert.
Die „Ancienne voie Romaine de Lyon à Trêves“ wird uns auf dieser Tour noch öfters den Weg weisen - immer schnurgerade aus Richtung Süd-Südwest. Wir gehen aber zunächst weiter ostwärts nach Allain, unserem heutigen Etappenziel, wo wir im Hotel „Haye-de-Vignoble“ ein Zimmer gebucht haben. Kurz vor dem Ziel treffen wir einen Jugendlichen, der an seinem Motorroller hantiert. Als er uns sieht, grüßt er freundlich und bietet sich spontan an, uns mitzunehmen. Als er hört, dass wir zu Fuß von Köln bis hierher „marschiert“ sind, kommt er aus dem Staunen nicht heraus: „Les Allemands ils sont fous – Sie sind verrückt, die Deutschen“. |
Tour 4 - Etappe 1 |
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